Computational Finance

Im Geschäftsfeld Computational Finance entwickelt Fraunhofer SCAI effiziente und robuste Algorithmen für Anwendungsfelder der Finanzmathematik. Hierzu gehören

  • die Bewertung finanzieller und materieller Vermögenswerte (finanzielle und physische Assets),
  • die Berechnung von Sensitivitäten und Hedging-Strategien (Risikomanagementstrategien, die von kurz- bis mittelfristig orientierten Händlern und Anlegern genutzt werden, um sich vor ungünstigen Marktentwicklungen abzusichern),
  • die Risikomessung und Risikosteuerung sowie
  • die Analyse großer Datenmengen, zum Beispiel von Marktdaten oder Blockchain-Daten.

Für diese Anwendungsfelder kommen sowohl klassische numerische Verfahren wie etwa (quasi-) Monte-Carlo Verfahren, Methoden zur Diskretisierung und Lösung partieller Differentialgleichungen oder Graphalgorithmen als auch Verfahren des Maschinellen Lernens zum Einsatz.

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Asset-Optimierung und Reinforcement Learning

Die optimale Steuerung und Absicherung von Portfolien physischer Assets gewinnt auch durch die voranschreitende Dezentralisierung der Energieerzeugung an Bedeutung. Will man bei der Optimierung zukünftige Preisunsicherheiten berücksichtigen, wird die Lösung des Problems häufig nicht nur sehr rechenintensiv, zusätzlich benötigt man auch erfahrene Entwickler, die bei veränderter Portfolio-Zusammensetzung notwendige Anpassungen an der Parametrisierung des Algorithmus vornehmen können. Um ein generisches Framework zur Beschreibung und Lösung solcher Aufgabenstellungen zu entwickeln, setzt das Geschäftsfeld Verfahren aus dem Bereich Reinforcement Learning ein. Dieser Begriff bezeichnet Methoden des Maschinellen Lernens, bei denen ein Software-Agent Strategien erlernt, die ihm helfen, ein komplexes Optimierungsproblem möglichst gut zu lösen. Mit Hilfe derartiger Methoden können Unternehmen auf einfache und kostensparende Weise ihre Portfolien optimal bewirtschaften.

Explainable Artificial Intelligence

Für Anwender sind Modelle der künstlichen Intelligenz (Artificial Intelligence, AI), insbesondere im Bereich Deep Learning, oft »Black Boxes«. Es ist kaum nachvollziehbar, wie diese Modelle zu wichtigen Entscheidungen kommen. Im Gebiet der Explainable Artificial Intelligence (XAI) entwickelt das Geschäftsfeld Methoden, mit deren Hilfe Entscheidungen von KI-Modellen erklärt werden können. Ein Beispiel hierfür ist die Bestimmung des Einflusses einzelner Eingabedaten auf das Ergebnis an einem ausgewählten Datenpunkt. Ein weiterer Ansatz besteht darin, komplizierte Modelle durch einfachere zu beschreiben, bei denen es wiederum leichter möglich ist, Entscheidungen nachvollziehen zu können. Wenn etwa ein Algorithmus darüber entscheiden soll, ob ein Kredit erteilt wird, kann ein solches Verfahren im Einzelfall darstellen, welche Faktoren ausschlaggebend für die Entscheidung sind. Dies ist wesentlich für die Rechtfertigung gegenüber Kunden, Vorgesetzten und im Hinblick auf geltende Gesetze. Darüber hinaus helfen derartige Ansätze, AI-Modelle zu verbessern und Verzerrungen (Bias) in Daten zu erkennen.

Uncertainty Quantification

In allen Bereichen des Finanzmarkts treten Unsicherheiten auf, sowohl hinsichtlich der verwendeten Bewertungs- und Risikomodelle als auch in Bezug auf Marktparameter. Einer dieser Marktparameter ist die Geld-Brief-Spanne (Bid-Ask Spread). So bezeichnet man die Differenz zwischen Kauf- und Verkaufsangeboten. Aber wie geht man mit Unsicherheiten in den eigenen Modellen um? Und welchen Einfluss haben Unsicherheiten auf den Preis von Derivaten? Derivate kann man als Verträge zwischen zwei Parteien verstehen, die festlegen, dass bestimmte Basiswerte wie Aktien oder Rohstoffe zu einem bestimmten Zeitpunkt zu einem im Voraus vereinbarten Preis gekauft werden können oder müssen.

Das Geschäftsfeld entwickelt effiziente Algorithmen und Risikomaße, um diese Fragen zu beantworten. In den Verfahren zur Messung der Unsicherheit müssen rechenintensive Bewertungs- und Risikomodelle ausgewertet werden. Hierbei kommen hocheffiziente Algorithmen sowie moderne Multilevel-Ansätze zum Einsatz.

Blockchain-Analyse für Kryptowährungen und Smart Contracts

Seit einigen Jahren treten Kryptowährungen und Smart Contracts verstärkt in den finanzmathematischen Fokus. Technisch gesehen sind Smart Contracts Programme, die in einer Blockchain gespeichert sind und ausgeführt werden, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Sie dienen dazu, die Logik vertraglicher Regelungen technisch abzubilden. Das Geschäftsfeld entwickelt Verfahren zur Analyse von Blockchains. Diese Verfahren basieren auf Graphalgorithmen und nutzen Methoden des Maschinellen Lernens. Die Verfahren können hierbei für verschiedene Zwecke angewendet werden, zum Beispiel zur Analyse des Handelsverhaltens der Marktteilnehmer. Da Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ether wegen ihrer Anonymität auch einen Raum für kriminelle Handlungen bieten, ist ein wichtiger Aspekt dabei auch die Erkennung und Analyse von Aktivitäten wie etwa Geldwäsche oder der Diebstahl von Coins.

Computational Finance ist ein spannendes interdisziplinäres Teilgebiet des Wissenschaftlichen Rechnens, das auch zahlreiche unterschiedliche Themen für Abschlussarbeiten oder Praktika bietet. Über eine Kontaktaufnahme freuen wir uns.