Workflow-Tools für Molekulares Modelling

Ein grundlegendes Ziel der computergestützten Chemie – seien es Newton'sche oder quantenmechanischen Verfahren - ist die akkurate Modellierung von physikalischen Kräften und Energien. Durch zuverlässiges Modellieren der zugrunde liegenden Kräfte bieten molekulare Simulationen atomistische Einblicke in makroskopische Versuchsbeobachtungen.

Obwohl es einige kommerzielle Entwicklungen gibt, stammt die hierzu verwendete Software eher von Wissenschaftlern als von IT-Spezialisten. Grund dafür sind die anspruchsvollen und sich fortlaufend entwickelnden Konzepte der Physik und Chemie, die in geeignete algorithmische Lösungen umgewandelt werden müssen. Wir verfolgen den Grundansatz, die Software wachsen zu lassen, durch eine konsequente Modularisierung der darin befindlichen Funktionalität. Auf diese Weise können algorithmische Lösungen in einer gekapselten Form eingesetzt werden, sodass wir bei Bedarf bestimmte Funktionalitäten leicht identifizieren und erweitern können. Basierend auf dieser Idee hat unsere Gruppe verschiedene unabhängige Software-Tools entwickelt.

© Fraunhofer SCAI

Die Abbildung zeigt, wie die Tools sich an verschiedene, aber miteinander vernetzte, Betrachtungsebenen der molekularen Modellierung richten. Damit soll eines der primären Ziele unserer Forschung erreicht werden, nämlich genaue und deterministische molekulare Parameter und Modelle in einer angemessenen Zeit und so fehlerfrei wie möglich zu entwickeln. Für intramolekulare Wechselwirkungen haben wir ein Software-Paket namens »Workflow for force-field optimization package« (Wolf2Pack) entworfen um in quantenmechanischen Verfahren erhaltenes Wissen in Modelle der klassischen Mechanik zu übertragen. Dabei definieren wir einen wissenschaftlichen Workflow als eine Reihe von unabhängigen Schritten, die durch den Datenfluss und eindeutige Abhängigkeiten untereinander verbunden sind. Für intermolekulare Wechselwirkungen dagegen haben wir einen systematischen Optimierungsablauf entwickelt, der auf effizienten, gradientenbasierten, numerischen Algorithmen basiert. Dieses ebenfalls modulare Werkzeug, welches aus diversen Programmen und Skripten besteht, heißt »Gradient-based optimization workflow« (GROW). Es ist eine generische Implementation und kann daher leicht von anderen Entwicklern erweitert werden.

Beide Programme erleichtern: a) die Entwicklung und Optimierung molekularer Parameter für ein bestehendes Simulationssystem, b) die Parameterübergabe von einem Softwarepaket zum anderen und c) das Testen von Parametern anhand einer Standard-Testsuite und Protokolls mittels eines halbautomatischen iterativen Parametrisierungsprozesses.

Zusammengefasst verbessern die gemeinsamen Bemühungen der Wissenschaftler und Softwareentwickler von SCAI die Anwendung der molekularen Modellierung durch anspruchsvolle Software-Tools. Deren modulare Struktur vereinfacht nicht nur das Hinzufügen und Verwalten neuer Funktionen, sondern beschleunigt und stärkt den Modellierungsprozess. Daher werden Nutzer dank unserer Software und Dienste sowohl im Hinblick auf Zeit als auch Mittel profitieren.

Publikationen

 

M. Hülsmann, T. Köddermann, J. Vrabec, and D. Reith: »GROW: A Gradient-based optimisation workflow for the automated development of molecular models«, Computer Physics Communications 181, 499–513 (2010).

M. Hülsmann, J. Vrabec, A. Maaß, and D. Reith: »Assessment of Numerical Optimization Algorithms for the Development of New Molecular Models.«  Computer Physics Communications 18,  887–905 (2010).

M. Hülsmann, T. J. Müller, T. Köddermann, and D. Reith: »Automated Force Field Optimisation of Small Molecules using a Gradient–Based Workflow Package.« Molecular Simulation 36, 1182-96 (2010).

D. Reith and K. N. Kirschner, »A modern workflow for force-field development – bridging quantum mechanics and atomistic computational models.,« Comp. Phys. Comm. 182, 2184 (2011).