Fraunhofer-Studie: Unternehmen brauchen Planungssicherheit beim Wasserstoffnetz

Pressemitteilung /

Bonn und der Rhein-Sieg-Kreis wollen bis 2035 klimaneutral sein. Für eine Region mit Chemie, Metall und Glas ist das ein großes Ziel. Eine neue Untersuchung von Fraunhofer SCAI im Auftrag der IHK Bonn/Rhein-Sieg zeigt, wie es gelingen könnte und wo es noch hakt.

© Prof. Dr. Tanja Clees, Fraunhofer SCAI; Karte: OpenStreetMap

Sankt Augustin – »Wir sehen großes Potenzial, aber auch viele offene Baustellen«, sagt Prof. Dr. Tanja Clees, Autorin der Studie »Das Wasserstoffkernnetz und die Transformation der energieintensiven Industrie in Bonn-Rhein-Sieg«. Untersucht wird darin eine CO2-reduzierte Energieversorgung im Jahr 2032. Clees ist Forscherin am Fraunhofer-Institut für Algorithmen und Wissenschaftliches Rechnen SCAI und Professorin an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg.

Das Team um Clees untersuchte 26 energieintensive Unternehmen. Die Firmen verbrauchen rund 2,7 Terawattstunden Erdgas im Jahr. 2032 könnten es je nach Szenario bis zu 4,5 TWh werden. Viele kleinere Betriebe ließen sich komplett elektrifizieren. Große Industrieanlagen dagegen brauchen zum Teil weiter Brennstoff, oft in Form von Wasserstoff. Nur zwei Firmen haben den Umstieg auf Strom schon fest geplant. Die meisten warten auf stabile Preise und Förderzusagen.

Das Netz wächst, aber nicht überall

Bis 2032 will Deutschland ein 9.000 Kilometer langes Wasserstoffkernnetz aufbauen. Teile davon führen auch ins Rheinland. Für Bonn sind zwei Anschlussvarianten im Gespräch: eine rechtsrheinische Leitung und eine Trasse ab Wesseling entlang der A555. Technisch könnten alle abgefragten Bedarfe gedeckt werden. Wirtschaftlich lohnt sich ein Anschluss aber nur, wenn mehrere Abnehmer dicht beieinanderliegen oder das Unternehmen unmittelbar an der Pipeline liegt.

»Unsere Simulationen zeigen, dass das geplante Kernnetz ausreichend Kapazitäten bietet«, sagt Clees. Dabei nutzte sie die von Fraunhofer SCAI entwickelte Software MYNTS (Multiphysical Network Simulation Tool).

Standorte wie der ChemPark in Niederkassel-Lülsdorf könnten mit großen Elektrolyseuren nicht nur sich selbst, sondern auch das Netz unterstützen. Für abgelegene Betriebe wären Trailer mit gasförmigem Wasserstoff oder eigene Produktion eine Alternative, sofern Platz, Stromanschluss und Investoren vorhanden sind. Flüssigwasserstoff-Transporte bleiben rar und teuer.

Hausaufgaben für die Region

Die Studie empfiehlt: Stromnetzkapazitäten prüfen, Freiflächen für Elektrolyse sichern, Wärmenetze mitdenken. Die Stadt Bonn hat bereits erfolgreich ihren Plan zur kommunalen Wärmeplanung vorlegen können, die Kommunen im Rhein-Sieg-Kreis müssen nachziehen. Ohne koordinierte Planung droht das Zieljahr 2032 zu verstreichen, bevor Wasserstoff wirklich fließt.

»Wir dürfen nicht warten, bis der Wasserstoff vor der Tür steht«, betont Clees. „Wir müssen jetzt planen, bauen und investieren – sonst ist der Zug abgefahren.«

Die Untersuchung steht über die IHK Bonn/Rhein-Sieg zum Download bereit:
https://www.ihk-bonn.de/fileadmin/dokumente/Downloads/Presse/2025/Wasserstoff_Transformation_BRS.pdf

Weitere Informationen zur SCAI-Software MYNTS:
https://www.scai.fraunhofer.de/mynts


Ansprechpartnerin:

Prof. Dr. Tanja Clees
Geschäftsfeld Network Evaluation Technologies
Fraunhofer-Institut für Algorithmen und Wissenschaftliches Rechnen SCAI
Schloss Birlinghoven 1, 53757 Sankt Augustin
Telefon +49 2241 14-4074
E-Mail: tanja.clees@scai.fraunhofer.de
www.scai.fraunhofer.de/net